Für Mary Jospin
Kapitel 3 - C-MOVIE 1. Teil (Arthur von Clock erzählt)
Vielleicht kommt Ihnen hier einiges wirr und unzusammenhängend vor. Das ist keine Absicht, glauben Sie mir! Es liegt mir fern, Sie oder irgend jemanden in die Irre zu leiten. Obwohl ich zugegebenermaßen nichts Besseres zu tun hätte. Außer, Sie nicht zu verwirren. Selbstverständlich! Ich kenne Sie nicht. Ich muss mir das immer wieder vor Augen halten. Ich kenne Sie nicht. Ich kenne Sie nicht. Ich kenne Sie nicht. Was ich damit meine, ist: ICH KENNE SIE NICHT. Gleichzeitig bin ich im Moment als Schriftsteller dazu verpflichtet, davon auszugehen, dass Ihre grammatikalischen und orthographischen Kenntnisse die meinigen bei weitem übersteigen. Mein Realschulabschluss ist schon ein paar Wochen her. Ich werde versuchen, Ihren Ansprüchen gerecht zu werden, versprochen! Sollten Sie mich dennoch dort und da bei einer kleinen Ungenauigkeit ertappen: Gnädigsten Dank!
Zu meiner Person: Ich bin zweiundfünfzig Jahre alt, BMI aktuell 36, gelte als weitgehend humorlos und schwierig im Umgang, obwohl ich doch eigentlich ein ganz sympathischer Kerl bin. Typ weiche Schale, harter Kern. Meine Frau Marion arbeitet als Töpferin in einer kleinen Werkhütte hier am Ort, ist fünf Jahre älter als ich und eine schreckliche Schraube, wenn Sie verstehen was ich meine. Bitte lachen Sie jetzt nicht! Sie ist körperlich zwar von eher kleiner Statur, aber dafür ungemein muskulös gebaut und schlägt mich gern, wenn ich Fehler mache. Ich mache oft Fehler. Leider. Deshalb werde ich sie auch in Kürze beseitigen müssen. Irgendwie, irgendwo, irgendwann, wie es in diesem grausamen Bummslied heißt. Aber lassen wir das für den Moment! Vor nunmehr vierzehn Jahren haben wir jedenfalls im Fieber und heiß wie zwei Pfefferschoten geheiratet. Anderes Lied! Marion, ich nenne sie mittlerweile übrigens reuevoll Floppsi, geht für Ihr Leben gern schwimmen, egal wann und letzten Endes auch worin. Ich hasse es. Ich muss Ihnen das nicht erklären. Die Frau schleppt mittlerweile mindestens einhundertdreißig Kilo "schwere Knochen" in ihrem Bikini mit sich herum! Ich selbst bin eher der Typ begeisterter Autofahrer, besitze einen silbernen Sport-Toyota mit Direkteinspritzung. Floppsi wird in meinem Flitzer regelmäßig schlecht. Sie hat mir sogar schon einmal ins Handschuhfach gebrochen. Können Sie sich das vorstellen?
Kennengelernt haben wir uns auf einem Mittelaltermarkt in Bautzen, dieser beschaulichen Kleinstadt im Ostsächsischen. Die süßholzraspelnde, geduldige, ja geile Stumpfheit, mit der die zwergenhafte Marion, damals noch längst nicht so füllig, sondern von einer geradezu berückenden Drallheit, um nicht gleich Knackigkeit zu sagen, wenngleich in meinem Fall freilich vollkommen vergeblich, denn ich musste täglich zwölf Stunden ohne Pause an der ihrem Verkaufsstand angrenzenden Met-Bude als stellvertretender Mundschenk rücksichtslos meine zahlreichen schwarz angestellten Hilfskräfte knechten, ohne jemals müde zu werden immer wieder versuchte, ihre kleinen, auf alt gemachten Porzellan-Elefanten neben manch anderem, durchwegs in asiatischen Billigländern zusammen geschissenen und praktisch betrachtet komplett sinnlosen, Tinnef an vorbeiziehende Trunkenbolde zu verhökern, faszinierte mich irgendwie und nachdem ich ihr kurz und bündig meine Standard-Einladung zu einem romantischen Candle-Light-Dinner ins Gesicht gebellt hatte, machte sie mir zunächst auch keine Probleme. 1998 zogen wir dann zusammen. Kinder haben und wollen wir um Gottes Willen keine, das nervt vielleicht!
Mein Geld mache ich größtenteils mit Event-Gastronomie, Motto: Wer nicht Wirt wird, der hat schon zu! Voriges Jahr habe ich per Fernstudium ein, staatlich wie sich herausstellte allerdings leider weniger anerkanntes, Zertifikat zum Einzelhandelskaufmann abgelegt und betreibe heute in meiner Heimatstadt Lübeck zwei große Oben-Ohne-Bars. Das eine Haus, wir haben es nach langem Hin und Her endlich „Zum Goldenen Schuss“ getauft, ist erst ganz neu eröffnet und fährt sich bis jetzt äußerst cremig hoch. Die Sache läuft im Prinzip wie überall: Leute saufen sich bei mir von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang die Hucke voll und ich schwimme sozusagen in ihrem zerknitterten Trinkgeld. Deshalb werden auch die Sizilianer langsam zudringlich, die eine Hand wäscht die andere und so weiter. Aber lassen wir auch das! Ich wollte Ihnen mit dieser ganzen, vielleicht doch etwas zu in die Breite gehenden, Vorgeschichte eigentlich nur sagen, dass ich mittendrin stehe und im Großen und Ganzen klar komme im Leben.
Fortsetzung folgt...